Suchen Künstler Profil News Login
  
Forum - Kurze Geschichten
Oskar und die Sache mit dem Schneckeln

Nova
Künstler



Oskar und die Sache mit dem Schneckeln

In einem Wald

Oskar war ein brauner Käfer, welcher Art er angehörte, wusste im Wald eigentlich niemand so richtig. Aber er war immer mittendrin und immer dabei.

Eines Tages kam Friedhelm vorbei, der Aufreißer-Lurch, der grundsätzlich vor nichts und niemanden zurückschreckte. Als er wieder einmal gemächlich seine Nachmittagsrunde drehte, kam er an einem Dickicht vorbei, dort schien es rötlich zu leuchten. Als er näher trat, sah er Oskar, rot angelaufen von seinen Beinchen bis zu seinen Fühlern, wie angewurzelt im Gebüsch stehen. Oskar starrte mit offenem Mund in die Luft ins Gezweig der Äste.

"Oskar! Was machst Du denn hier im Gebüsch?", fragte Friedhelm doch recht verwundert. Verwirrt und erschreckt fuhr Oskar herum: "Ich? Schau her, siehst Du da oben, da wo die Schnecken sind?". Friedhelm blinzelte ins Sonnenlicht und erblickte an einem Ast zwei in einander geschlungene Schnecken, die, so schien es zumindest, an einem seidenen Schleimfädchen hingen. "Zwei Schnecken, die an einem Ast hängen und Oskar? Was ist daran denn so schlimm, dass Du hier mit hochrotem Kopf stehst?", fragte Friedhelm, der langsam in Versuchung kam, an Oskars scharfen Verstand zu zweifeln.

"Na siehst Du denn nicht, was die da tun Friedhelm?", entgegnete Oskar mit vor Aufregung zitternder Stimme. "Ja, Oskar, zwei Schnecken, die offensichtlich mit einander schneckeln!", Friedhelm schien mehr und mehr die Geduld zu verlieren. Oskar, der mittlerweile wieder eine käferähnliche Körperfarbe angenommen hatte, schüttelte heftig mit dem Kopf. "Ja, meinst Du wirklich, dass sie das tun? Was ist schneckeln?", fragte Oskar, mittlerweile noch verwirrter. "Weißt Du Oskar,", sprach Friedhelm in einem väterlichen Ton, "am besten Du erkundigst Dich im Wald darüber, was diese Schnecken da tun." Mit diesen letzten Worten, ließ er Oskar allein im Wald stehen, wer war er denn, dass er Oskar dies erklären musste, einem ausgewachsenen Käfer.

Oskar kam endlich wieder zu sich. "Schneckeln, was soll das bloß sein?", fragte er sich selbst mit einem nachdenklichen Käfergesicht. Warum im Wald fragen, wenn er die beiden Schnecken doch in nächster Nähe hatte. Doch als er wieder ins Geäst hinaufsah, waren die Schnecken bereits verschwunden. Hatte er geträumt? Nein, das konnte nicht sein, denn Friedhelm hatte die Schnecken ja auch gesehen.

Ein Weile stand er noch im Dickicht, aber es machte keinen Sinn noch länger zu warten und beschloss seinen eigentlichen Weg fortzuführen und diese Begegnung als eine der dritten Art abzutun. Als er nun wieder ins helle Licht trat, bekam er schließlich doch noch die Antwort auf seine Frage. Denn alles, was er sah, waren zwei leere Schneckenhäuser, die am Wegesrand lagen. "Klare Sache!", entfuhr es Oskar in einem lauten fröhlichen Schrei. "Die beiden Schnecken haben sich mit ihrer Verbindung ins Nichts aufgelöst."

Pfeifend und gutgelaunt ging Oskar dann nach Hause, denn jetzt fiel ihm die Legende der Schnecken ein, die eines Tages auf seltsame Weise verschwanden und nur ihre leeren Häuser zurückließen. Seine Großmutter hatte ihm erklärt, dass die Schnecken damit Vollkommenheit erfuhren, das war der Sinn ihres Lebens. Seine Großmutter hatte ihm oft diese Geschichte erzählt, und er hatte sich bis jetzt immer gefragt, wie die Schnecken dies angestellt haben mussten. Aber endlich hatte er es mit eigenen Augen gesehen und das Geheimnis des Schneckelns gelöst.

Das Schneckeln

© Nova
Beitrag 24.04.2019, 19:18