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Forum - Kurze Geschichten
Ich sehe einen Film

temeres
Künstler



Die Handlung spielt südlich in hügeliger Landschaft, wo reife, weit ausladende Getreidefelder mit üppiger Sonne die Szenerie in eine Welt erster Erkundungen taucht. Ein Junge auf dem Fahrrad fährt durch diese malerisch gefilmte Welt zu einer fernen Ruine, wo er einen Gleichaltrigen – von Dorfbewohnern entführt, um Lösegeld zu erpressen – in einem Erdloch auffindet. Der kleine Kerl ist nach zwei Monaten Gefangenschaft halb verrückt und denkt, er sei tot.

In der folgenden Nacht habe ich einen Traum:

Ich falle und falle und merke, dass ich falle und versuche, im Traum, im Sturz, das Fallen in einen Flug zu verwandeln. Es gelingt mir nicht. Ich kann zwar für Momente in einer Art Schwimmhaltung abstürzen, mit einem horizontalen Körper durch die reißende Luft schießen, aber nur, wenn es mir gelingt, Fallschirmspringer in zehntausend Metern Höhe zu sehen, erinnert, visualisiert in dieses Fliegen, kurz bevor der Schirm aufgeht.

Mein rasender Abwärtsflug kommt allerdings (aufrecht, vertikal) zurück, bleibt und schiebt das erwünschte Bild weiter ins Panische, ungewollt. Die Welt verschwindet nicht. Mir gelingt keine Bilderlosigkeit.

Über mir entsteht eine glasige, bereits zu Licht zersprungene Bewegung. Wenigstens ahne ich ungefähr, wo ich hindränge und plötzlich nicht bin, dahin, wo dieses Licht auseinanderspringt und auseinander gesprungen kein Element ist. Halt, Richtung und Ziel nichts Existentielles haben. Wo Durchsichtigkeit blendet, Blässe quillt, sticht und zerplatzt, immer am hellsten da, wo ich – nicht bin.

Nur mein Spürchen Zappel macht Faden und Angel. Nicht lange, bis ich herzgeklopft an Puls und Uhr vor dem Tag im Erdloch hänge und nicht glaube: Ich war tot.
Beitrag 26.10.2010, 08:19